Beitragsseiten

Bericht zum Vortrag von Herrn Johannes Vocks, Senatsverwaltung Berlin, Adoptionsvermittlungsstelle

Ablauf und Voraussetzungen einer Adoption

Johannes VocksZu Beginn macht Herr Vocks einen Ausflug in den Ursprung der Adoption. Seit jeher nehmen Menschen Kinder, die nicht ihre leiblichen sind, in ihre Familie auf. Die Motive haben sich aber im Laufe der Zeit geändert. Ursprünglich fanden Adoptionen in erster Linie im Interesse der annehmenden Erwachsenen statt. So waren Adoptionen von reichen kinderlosen Paaren üblich, um die Erbfolge zu sichern oder auch, um eine billige Arbeitskraft zu haben. Erst in den 60er Jahren spielten die Belange der Kinder eine immer größere Rolle bei der Gesetzgebung. Heute steht bei der Adoption die sogenannte „Annahme als Kind“ ganz klar im Vordergrund.

Das Adoptionsrecht ist geregelt im BGB, im Adoptionsvermittlungsgesetz sowie in der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Die Adoption von ausländischen Kindern ist in erster Linie im „Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption“ geregelt. Zuverlässige Informationen gibt es in den Jugendämtern und Adoptionsvermittlungsstellen. Des Weiteren gibt es zahlreiche Informationen im Internet. Diese sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, da jedem das Internet offen steht und niemand die Richtigkeit des Geschriebenen überprüft.

Herr Vocks betont, dass das Wohl des Kindes bei der Adoption an erster Stelle steht. Adoption bedeutet, für ein Kind die best geeignetsten Eltern zu suchen und nicht für ein Adoptionsbewerberpaar ein Kind zu suchen. Eine obere Altersgrenze ist nicht festgelegt. Merkmale wie Lebenserfahrung, Belastbarkeit und Flexibilität mit dem Alter stehen im Vordergrund. Die Handhabung ist allerdings so, dass Bewerberpaare für einen Säugling grundsätzlich das 35. bis 40. Lebensjahr nicht überschritten haben sollten, um ein Eltern-Kind-Verhältnis entstehen zu lassen und auch für das heranwachsende Kind noch belastbar zu sein. Ältere Paare können dann eher auch ältere Kinder adoptieren. Wichtig ist auch die Gewährleistung einer stabilen Partnerschaft. Hierbei besteht allerdings die Schwierigkeit, dass es zwar viele ältere Kinder in Kinderheimen gibt, jedoch sind bei den meisten älteren Kindern die Verhältnisse ungeklärt bzw. das Einverständnis zur Adoption liegt nicht vor. Daher gibt es nur wenige ältere Kinder, die adoptiert werden können.

Wichtig sind auch die finanziellen Verhältnisse des Bewerberpaares. Es muss gewährleistet sein, dass mit dem Einkommen die Entwicklungspotentiale des Kindes angemessen gefördert werden können. Es wird auch davon ausgegangen, dass ein Elternteil in den ersten Lebensjahren des Adoptivkindes seine Berufstätigkeit aufgibt oder einschränkt oder aber so organisieren kann, dass die Erziehung überwiegend im eigenen Haushalt von den Adoptiveltern durchgeführt werden kann.

Für einen Säugling kann die Einwilligung zur Adoption frühestens acht Wochen nach der Geburt erteilt werden. Davor erhält das Jugendamt von den Eltern/der Mutter einen Auftrag zur Vermittlung des Kindes in eine Adoptionspflegestelle. Die Einwilligung zur Adoption muss notariell beurkundet werden und ist nach Eingang beim Vormundschaftsgericht unwiderruflich. Danach beginnt die Probezeit, das sog. Adoptionspflegejahr, in dem die Adoptivfamilie von der Adoptionsvermittlungsstelle begleitet wird. Es gibt dann einen Abschlussbericht über die Entwicklung des Kindes. Mit dem dann folgenden Adoptionsbeschluss durch das Vormundschaftsgericht wird die Adoption rechtswirksam und unwiderruflich. Die Adoptionspflegezeit ist beendet. Innerhalb der Adoptionspflegezeit können aber auch die Adoptiveltern das Kind zurückgeben, wenn Sie ein Eltern-Kind-Verhältnis nicht aufbauen können oder es andere schwerwiegende Gründe gibt. Ein Kind, das noch nicht 14 Jahre alt ist, kann seine Einwilligung nicht selbst geben. Hier ist dann der Amtsvormund zuständig. Amtsvormund ist in aller Regel das örtliche Jugendamt.

Eine weitere Voraussetzung ist die Einwilligung der leiblichen Eltern/der Mutter zur Adoption. Die leiblichen Eltern/die Mutter können auch Vorstellungen für die Auswahl der Adoptiveltern äußern, wie z.B. Einzelkind, erstes Kind Geschwisterkind oder das Wohnumfeld und die Religionszugehörigkeit.

Es gibt verschiedene Formen der Adoption:

  1. Inkognito- oder anonyme Adoption
    Dies ist die häufigste Form der Adoptionsvermittlung. Bei dieser Adoptionsform erfahren die annehmenden Eltern die Daten und Geschichte der abgebenden Eltern und die Vorgeschichte des Kindes. Die abgebenden Eltern hingegen erfahren nichts über die annehmenden Eltern, außer den von ihnen vorgegebenen Kriterien für die annehmenden Eltern. Besonders bei dieser Art der Adoption spielt das Offenbarungs- und Ausforschungsverbot eine große Rolle. Das heißt, ohne die Zustimmung der annehmenden Eltern und des Kindes haben die leiblichen Eltern kein Recht, Informationen über den Verlauf der Adoption und den Verbleib ihres Kindes zu erhalten.
  2. Halboffene Adoption
    In Vorfeld der Adoption kann über die Adoptionsvermittlungsstelle vereinbart werden, dass Adoptiveltern in bestimmten Abständen über die Entwicklung des Kindes berichten (Briefe und Fotos). Der Postaustausch erfolgt über die Adoptionsvermittlungsstelle. Auch eine einmalige Begegnung – unter Wahrung der Anonymität – ist möglich.
  3. Offene Adoption
    Hier kennen sich Herkunftseltern und Adoptiveltern sowohl persönlich als auch von den Daten. Offene Adoptionen entwickeln sich in der Regel, wenn der Adoption eine längere Pflegeverhältnis vorangegangen ist und dann die leiblichen Eltern Ihr Kind zur Adoption freigegeben haben. Allerdings ist auch im Rahmen der Adoption eines Säuglings eine offene Adoption möglich. Bei der offenen Adoption können Kontakte zwischen Herkunftseltern, Adoptiveltern und Adoptivkind stattfinden.

Es ist auch ein nachträglicher Wechsel auf freiwilliger Basis möglich. Das heißt, von einer anfänglich anonymen Adoption kann zur Halboffenen und dann auch zur offenen Adoption gewechselt werden.

Schwerbehinderte Antragsteller:

Grundsätzlich ist die Chance für Schwerbehinderte Antragsteller, ein Adoptivkind zu erhalten, eher schlecht. Herr Vocks begründet dies damit, dass wir in Deutschland in sehr „luxuriösen“ Situation sind, dass einem Adoptivkind etwa 10 Bewerberpaare gegenüber stehen. Da das Wohl des Kindes immer im Mittelpunkt steht, versuchen die Adoptionsvermittlungsstellen, das beste Elternpaar für das Kind zu finden und möglichst viele Unsicherheitsfaktoren auszuschließen. Am wichtigsten ist bei schwerbehinderten Antragstellern das Kriterium, dass eine Krankheit oder eine Behinderung eines der Antragsteller nicht lebensverkürzend sein darf. Außerdem wird davon ausgegangen, dass eine chronische Krankheit oder Behinderung schon soviel Platz im Leben eines Menschen einnimmt, dass zusätzlich mit einem Adoptivkind, dass noch mehr Aufmerksamkeit und Fürsorge benötigt als ein leibliches Kind, eine Überforderungssituation entstehen könnte. Auf jeden Fall wird ein ärztliches Gutachten eingeholt, um die Bedeutung der Krankheit oder Behinderung für die Adoption einschätzen zu können.

Die Ablehnung als Bewerberpaar bedeutet dabei allerdings nicht zwangsläufig, dass die Berater das Bewerberpaar nicht für geeignet halten, ein Kind zu erziehen. Die Überforderung wird lediglich in der besonderen Situation eines Adoptivkindes gesehen. Nicht zu vergessen ist allerdings, dass bei der großen Nachfrage und dem geringen Angebot von Adoptivkindern auch viele Paare, die gesund sind, nicht zum Zuge kommen.

Adoption über den Weg der Pflege:

Laut Herrn Vocks sollten schwerbehinderte Paare eher den Weg über die Pflege wählen, da hier die Kriterien nicht so streng sind. Das heißt, ein Paar bewirbt sich darum, ein Kind, dass – aus welchen Gründen auch immer – derzeit bei seinen leiblichen Eltern nicht leben kann, in Dauerpflege zu nehmen. Es ist möglich, dass die leiblichen Eltern nach längerer Zeit sich entscheiden, ihr Kind durch Adoption dauerhaft in der Pflegefamilie zu lassen.

Adoption eines ausländischen Kindes:

Wer ein Kind aus dem Ausland adoptieren will, sollte sich im Klaren sein, aus welchem Land er ein Kind adoptieren will. Gut ist es, wenn ein Bezug zu diesem Land, z.B. durch längere (berufliche) Aufenthalte, persönliche Kontakte, o.ä. besteht. Bei einer Auslandsadoption sind gleich zwei Rechtssysteme zu beachten, nämlich das Deutsche Rechtssystem und das Rechtssystem des Herkunftslandes. Außerdem sind einige Länder der Meinung, dass verwaiste Kinder in ihrem Herkunftsland verbleiben sollten und stimmen Auslandsadoptionen nur im Ausnahmefall zu. Dann gibt es auch Länder, die überhaupt kein Adoptionsgesetz haben und Kinder grundsätzlich nicht zur Adoption frei geben. Wer ein Kind aus dem Ausland adoptieren möchte, sollte sich an eine der von den jeweiligen Landesjugendämtern zugelassenen Auslandsvermittlungsstellen wenden.

Alleinstehende Bewerber:

Die Adoption durch einen alleinstehenden Bewerber kommt hauptsächlich in Frage:

  • bei einem vorhandenen Verwandtschaftsverhältnis;
  • bei einer bereits länger andauernden, für das Kind bedeutsamen Beziehung, die ähnlich einem Eltern-Kind-Verhältnis ist;
  • zum Erhalt des vertrauten und für das Kind bedeutsamen Wohnumfeldes.

Wird ein Bewerberpaar oder ein alleinstehender Bewerber abgelehnt, so besteht legal in der Regel keine zweite Chance, da immer das örtliche Jugendamt zuständig ist.

Kurze schematische Zusammenfassung:

Rechtliche Voraussetzungen

  1. Zulässigkeit der Annahme (Auszug aus § 1741 BGB)
    Die Annahme als Kind ist zulässig, wenn sie dem „Wohl des Kindes dient“, und wenn zu erwarten ist, dass zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein „Eltern-KindVerhältnis“ entsteht. Ein Ehepaar kann ein Kind nur gemeinschaftlich annehmen.
  2. Alterserfordernis (§ 1743 GB)
    Bei Ehepaaren muss ein Ehegatte das 25. Lebensjahr, der andere Ehegatte das 21. Lebensjahr vollendet haben. Wer allein adoptieren will, muss das 25. Lebensjahr vollendet haben.
  3. Probezeit vor der Annahme (§ 1744 BGB)
    Die Annahme soll in der Regel erst ausgesprochen werden, wenn die Adoptiveltern das Kind eine angemessene Zeit in Pflege gehabt haben.
  4. Berücksichtigung von Kindesinteressen (§ 1745 BGB)
    Haben die Annehmenden eigene Kinder, muss geprüft werden, ob durch die Adoption die Interessen der eigenen Kinder gefährdet werden.
  5. Einwilligung des Kindes (§ 1746 BGB)
    Zur Adoption ist die Einwilligung des Kindes selbst erforderlich und die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. Für ein Kind, das geschäftsunfähig oder noch nicht 14 Jahre alt ist, kann nur sein gesetzlicher Vertreter die Einwilligung erteilen.
  6. Einwilligung der Eltern (§ 1747 BGB)
    Zur Annahme eines Kindes ist die Einwilligung der Eltern erforderlich. Die Einwilligung kann erst dann erteilt werden, wenn das Kind acht Wochen alt ist. Die Einwilligung eines Elternteils ist nicht erforderlich, wenn er zur Abgabe einer Erklärung dauern außerstande, oder sein Aufenthalt unbekannt ist. (§ 1747 Abs. 4)
  7. Ersetzung der Einwilligung eines Elternteils (§ 1748 BGB)
    Das Vormundschaftsgericht kann auf Antrag des Kindes eine Einwilligung eines Elternteils ersetzen, wenn dieser seine Pflichten gegenüber dem Kind anhaltend gröblich vernachlässigt hat, oder durch sein Verhalten gezeigt hat, dass ihm das Kind gleichgültig ist, und wenn das Unterbleiben der Annahme dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil gereichen würde.
  8. Offenbarungs- und Ausforschungsverbot (§ 1758 BGB)
    Tatsachen, die geeignet sind, die Annahme und ihre Umstände aufzudecken, dürfen ohne Zustimmung des Annehmenden und des Kindes nicht offenbart oder ausgeforscht werden.

Schematische Darstellung des Verfahrensweges

  1. Informell
    • Innere Bereitschaft, ein Kind zu adoptieren – Klarheit über den Kinderwunsch in der Partnerschaft
    • Gespräch über die Adoptionsabsicht mit der Familie, Freunden, evtl. Adoptiveltern
    • Literatur, Internet
  2. Formell
    • Information / Erstberatung in der Adoptionsvermittlungsstelle
    • Teilnahme an Vorbereitungsveranstaltungen
    • Feststellung der Eignung durch die Adoptionsvermittlungsstelle / Jugendamt
  3. Vermittlungsprozess
    • Vermittlungsauftrag durch die Eltern/die Mutter: Vorstellung eines Kindes
    • Vermittlung eines Kindes: Notariell beglaubigte Einwilligung durch die Eltern/die Mutter (bei Säuglingen frühestens acht Wochen nach der Geburt, bei Eingang beim Vormundschaftsgericht unwiderruflich)
    • „Adoptionspflegejahr“: Adoptionsbegleitung durch die Vermittlungsstelle/Jugendamt
    • Beschluss durch Vormundschaftsgericht: Adoption ist rechtsverbindlich
  4. Aufbewahrung der Vermittlungsakten
    Von jedem Vermittlungsfall sind die Aufzeichnungen und Unterlagen 60 Jahre, gerechnet vom Geburtsdatum des Kindes, aufzubewahren. Soweit es die Lebensgeschichte des Kindes betrifft, ist dem gesetzlichen Vertreter des Kindes und ab dem vollendeten 16. Lebensjahr dem Kind selbst Akteneinsicht unter Begleitung einer Fachkraft zu gewähren. (Kurzfassung aus § 9b Adoptionsvermittlungsgesetz) Nähere Informationen über den Verfahrensweg finden Sie auch im Bericht über den Vortrag von Elke und Wolfgang Klee, die ein Kind adoptiert haben.

Eine Infobroschüre erhalten Sie bei:
Junge Nierenkranke Deutschland e. V.
Monika Centmayer
Sonnenrain 27
72218 Wildberg

Qualifizierte Informationen gibt es aber auch bei Ihrem örtlichen Jugendamt oder im Internet bei www.moses-online.de